Mittwoch, 5. Januar 2011

Toller Artikel: ZDF heute.de / Wirtschaft

Aufschwung geht an Leiharbeitern vorbei

Bizarre Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt

von Ulrich Reitz

Wegen des harten Winters stieg die Zahl der Arbeitslosen im Dezember über die 3-Millionen-Marke. Trotzdem war 2010 für den Arbeitsmarkt das beste Jahr seit 1992. Leiharbeiter profitieren wenig. Nur selten bekommen sie einen regulären Job. Es hätte schlimmer kommen können. Im Dezember waren zum ersten Mal seit Monaten wieder mehr als drei Millionen Menschen ohne Arbeit. Aber: Das sind rund 260.000 weniger als noch vor einem Jahr. Außerdem können die gestiegenen Dezember-Zahlen die an und für sich gute Gesamtbilanz des Jahres 2010 nicht verhageln.

Das vergangene Jahr war für den Arbeitsmarkt das erfreulichste seit 18 Jahren. Insgesamt lag die Zahl der Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt bei 3,244 Millionen. Zuletzt war im Jahr 1992 ein niedrigerer Wert ermittelt worden. Damals waren 2,98 Millionen erwerbsfähige Menschen ohne Job. 

Leiharbeiter als Verlierer

Trotz der positiven Gesamtentwicklung geht eine Gruppe häufig leer aus: Leiharbeiter. Rund eine Million Menschen verdienen sich derzeit mit Leiharbeit ihr Geld - und hoffen, dass ihnen diese Art der Beschäftigung den Weg zu einem langfristigen und regulären Arbeitsplatz mit mehr Lohn und besseren Sozialleistungen bringt.
Seitdem vor allem in der Automobilindustrie zuletzt einigen Leiharbeitern angeboten wurde, in die Stammbelegschaft zu wechseln, machte sich Hoffnung breit. Bislang vergeblich. "Im Moment haben wir nicht den Eindruck, dass sich ein solcher Trend verfestigt", sagt Florian Lehmer, Experte beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im Gespräch mit heute.de. 

Übergang in reguläre Jobs schwierig 

Das zur Nürnberger Bundesagentur für Arbeit gehörende Forschungsinstitut hat zuletzt im Zeitraum 2006 bis 2008 untersucht, inwiefern die Zeitarbeit den Übergang in reguläre Jobs ermöglicht. Das Ergebnis war ernüchternd: Nur rund sieben Prozent der Leiharbeiter schafften den Sprung in eine reguläre Beschäftigung.
 
Obwohl Unternehmen reihenweise über Fachkräftemangel klagen und die Zahl der Arbeitslosen im Verlauf des Jahres 2010 immer weiter abnahm, steigt die Zahl der Leiharbeiter bislang unaufhaltsam. Präzise Zahlen dazu werden nicht erhoben. Als Gradmesser dient eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit, die Beschäftigte in der Leiharbeitsbranche zählt - inklusive der festangestellten Mitarbeiter dieses Industriezweigs.

Unternehmen halten sich zurück

"Die Beschäftigung in der Arbeitnehmerüberlassung sind zwischen Mai 2009 und September 2010 kontinuierlich auf knapp 770.000 Menschen gestiegen und überschreitet mittlerweile das Vorkrisenniveau", heißt es in Nürnberg auf Anfrage von heute.de. Im Vergleich zum Vorjahr lag die Zunahme im September bei 191.000 Leiharbeitern, was einem Plus von 33 Prozent entspricht. Obwohl aktuellere Zahlen derzeit noch ermittelt werden, rechnet man damit, dass der Wert in der Zwischenzeit weiter anstieg - auf rund eine Million Leiharbeiter. Auch deshalb gingen die Arbeitslosenzahlen zuletzt so deutlich zurück. 

Die Entwicklung könnte sich demnächst umkehren. "Das wir die Krise schneller als erwartet überwunden haben, hat viele Unternehmen überrascht", sagt Arbeitsmarktforscher Lehmer. Um die steigenden Auftragseingänge zu verkraften, setzten Unternehmen verstärkt auf Leiharbeiter. "Wenn sich der Aufschwung aber in den kommenden Monaten weiter verfestigt, werden mehr Leiharbeiter als bislang in die Stammbelegschaften wechseln können", glaubt Lehmer. 

Die Chancen dafür stehen gut. Führende Wirtschaftsforscher erwarten, dass der Aufschwung im laufenden Jahr weiter anhält, auch wenn die Wachstumsraten mit gut zwei Prozent niedriger ausfallen als noch 2010. Davon soll auch der Arbeitsmarkt profitieren. Im Schnitt sollen im laufenden Jahr weniger als drei Millionen Erwerbsfähige ohne Arbeit sein.


Kommentar 

Ein wirklich guter Artikel des bekannten Journalisten Ulrich Reitz. Von Reitz ist keine einseitige Stellungnahme zu erwarten und der Bericht zeichnet auch nüchtern und objektiv eine Situation, die die Politik nicht dulden darf! Es darf nicht sein, dass die Leiharbeiter als Prügelknaben der Nation die Kohlen aus dem Feuer holen müssen und dafür mit einem Hungerlohn bestraft werden. Es darf auch nicht sein, dass der Aufschwung an den Zeitarbeitern völlig vorbei geht. Was aus der ständig steigenden Zahl der Zeitarbeiter zu entnehmen ist, ist nur die Tatsache, dass sich die Unternehmen bei den Zeitarbeitsfirmen risikolos mit billigem Personal eindecken können und ihre Gewinne ständig steigern. Die einzige Chance aus dieser üblen Situation wieder herauszukommen, ist die Verteuerung der Zeitarbeit! Die Unternehmen müssen ernsthaft überlegen, ob sie für kurze Zeit einen teuren Leiharbeiter einstellen oder ob man besser die Stammbelegschaft erhöht und damit kostengünstiger wirtschaftet. Ohne die Verteuerung der Zeitarbeit geht es nicht! Warum sollte ein Unternehmer einen Mitarbeiter fest einstellen, wenn er billiger oder maximal gleich teurer völlig ohne Risiko einen Leiharbeiter einstellen kann? 

Zeitarbeit braucht: Gleichen Lohn für gleiche Arbeit, 
einen Mindestlohn und eine maximale Entleihdauer! 

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